Der UnternehmensBeatmer - Blog
Mit Change Leadership aus der Taylorwanne
Die Taylor-Wanne beschreibt die Entwicklung der Marktdynamit der letzten etwa 200 Jahre. Diese ist durch unterschiedliche Entwicklungen geprägt. In dem Blog geht der Autor darauf ein, wie sich dies auch auf das Thema Führung auswirkt.
Einleitung
Wir leben in Zeiten ständiger Transformation. Und weil wir Menschen uns und unser Verhalten ständig ändern, ändern sich natürlich auch die Systeme, in denen wir uns bewegen. Und folglich auch die Märkte, auf denen wir wirtschaften. Gerhard Wohland und Niels Pfläging erlauben sich mit der Taylorwanne einen sehr treffenden Blick darauf. Eine kleine Auseinandersetzung damit…

Welche Reaktion braucht ein zunehmend dynamischer, globaler Markt?
Es ist wie bei vielen Modellen. Die Taylorwanne nach Gerhard Wohland ist - wenn man genau hinschaut - logisch und einfach: Sie beschreibt den Wertschöpfungs-Einfluss von Mensch (komplexe Anteile) und Maschine (kausale Anteile) auf einem Zeitstrahl.
Das 19. Jahrhundert: Das Zeitalter der Manufakturen
Im 19. Jahrhundert wurde wirtschaften von hochspezialisierten Handwerksbetrieben dominiert, die individuelle Kundenwünsche bedienten. Hohe Transportkosten und träge Kommunikationsprozesse begünstigten Märkte, die zwar lokal begrenzt waren, sich aber hochdynamisch verhielten. Es war ein ständiger Wettlauf im Streben nach Hochleistung für wenige wirtschaftlich potente Kunden. Der Beste gewann!

Das 20. Jahrhundert: Automatisierung und Effizienzsteigerung
Das Jahrhundert war gerade mal gute 10 Jahre alt, als Henry Ford mit der Einführung des Fließbands Massenproduktion ermöglichte und damit das Industriezeitalter aus der Taufe hob. Frederic Taylor veröffentlichte fast zeitgleich das Buch „The Principles of Scientific Management“. Die wichtigste These daraus ist schnell zusammengefasst: Er vertrat die klare Aufgabentrennung zwischen Denken (der Manager) und Arbeiten (der Arbeiter). Dies klingt heute zunächst mal sehr archaisch, war aber lange Zeit weder dumm noch nutzlos. Viel mehr begründete er mit dieser Veröffentlichung ein Organisationsmodell, dass perfekt auf das Effizienz-Streben von sich träge entwickelnden, globaler werdenden Massen-Märkten passte. Das Taylor’sche Prinzip wurde zum anerkannten und meist praktizierten System der Unternehmensführung. Es trug damit speziell die deutsche Volkswirtschaft nach zwei Kriegen durch ein Wirtschaftswunder ungeahnter Dimension. Automatisierung und prozessuale Standards erhöhten weiter die Effizienz bei reduzierter Komplexität. Viele Produkte wurden in wiederkehrenden Prozessen immer wieder gleich produziert, der Arbeiter wurde zum „Erfüllungsgehilfen“ der Maschine. Praktiziert wird das dazu passende Taylor‘sche Führungsprinzip - wenn auch versteckt hinter Methoden mit wohlklingenden Namen - oftmals bis heute. Denken und Entscheiden ist nicht der Job eines Jeden. Arbeiten reicht!

Die Schwelle zum 21. Jahrhundert: Komplexität und Dynamik durch Globalisierung
Seit den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts gerät dieses System langsam, aber stetig ins Wanken. Durch Marktliberalisierung und später durch Digitalisierung entstanden und entstehen globale Märkte mit hohem Wettbewerbsdruck. Explodierende Möglichkeiten der Informationsbeschaffung (z.B. durch das Internet) und mehr Kunden mit mehr Geld fördern bis heute eine wieder zunehmende Individualisierung des Marktes. Der Anteil Dienstleistung am Bruttoinlandsprodukt übersteigt den der Rohstoffveredelung und ist mittlerweile gut dreimal größer. Wertschöpfungsprozesse werden wieder komplexer und fordern mehr Dynamik, vergleichbar der im Zeitalter der Manufakturen. Nun aber global statt lokal.

Wirtschaften verändert sich dramatisch. Kann ein Führungsprinzip da unverändert bleiben?
Der Konflikt zwischen dem bis heute oft praktizierten Taylor’schen Führungsprinzip und dynamischen, komplexen Marktanforderungen ist offensichtlich und schafft es nur in die Presse, wenn er prominent genug ist: Flughafen Berlin-Brandenburg / Elbphilharmonie in Hamburg / Stuttgart 21 / nahezu jedes größere Bauprojekt in meiner Heimatstadt Köln. Diese Geschichten gleichen einem lauten Schrei nach anderem Umgang mit Komplexität. Es bleibt aber die Frage nach dem „Wie?“. Ist die anstehende Herausforderung zu komplex für die wenigen Köpfe, die lt. Frederic Taylor für’s Denken zuständig sind, dann brauchen wir nun halt viele Köpfe. Von denen denkt aber nicht jeder den ganzen Kuchen, sondern nur ein so großes Stück, wie er auch verdauen kann. Der Job der Führungskräfte ist es dann, diese Köpfe effizient zu vernetzen, ohne sie mit angenommener eigener „General-Kompetenz“ zu erdrücken. Das funktioniert nicht ohne eine Rest-Unsicherheit, die es gilt, zuzulassen und auszuhalten. Dies ist eine Change Leadership Herausforderung, von der Mr. Taylor nicht zu träumen gewagt hätte und die konkret durch diese Punkte beschrieben wird:
  • Förderung der Kreativität/Innovation durch Abschaffung „Taylor’scher“ Bürokratie & Hierarchie.
  • Führung statt Handlungsanweisung.
  • Ersatz der Absicherungskultur durch Vertrauenskultur.
  • Förderung von Talenten durch Üben (und dabei zulassen, dass Fehler passieren) statt durch Lernen.
  • Zulassen iterativer Prozesse statt stringenter Aufgabenerfüllung.
  • Intrinsische Motivation durch Steuerung und Dosierung der Herausforderung und nicht durch extrinsische, materielle Anreize.
  • „Stärken stärken“ statt Best Practices hinterher hecheln.
  • Konsequente Feststellung des Kundenbedürfnisses und klare Fokussierung darauf.
  • Förderung der Wertschöpfung statt ausschließlich Kontrolle der Kosten.
  • Eine klare, ausgerichtete und von Allen verfolgte Strategie gewinnt gegen den verordneten Plan.
  • Engpass-Orientierung statt mittelfristiger Ziele, die durch unplanbare Einflüsse von außen volatil sind (siehe auch „VUCA-Welt“).
  • Komplexitätsrobustheit erlangen durch vollständige Transparenz, vernetzte Strukturen, bedingungslose Einbeziehung und ständige Verbesserung.
Diese Ansätze mögen für manchen Entscheider noch fremd sein. Dies ist aber nur ein Indiz dafür, wie verwurzelt wir nach wie vor im Taylorismus sind und wie schwer uns der Paradigmenwechsel fällt. Niemand behauptet, dass das Notwendige einfach ist. Aber es führt kein Weg daran vorbei, einen Change Leadership Prozess einzuleiten, wenn wir nicht in der Taylorwanne verharren wollen. Veränderungen von außen verlangen nach Veränderungen im Inneren. Nokia Telefone und Olympia Schreibmaschinen sind Synonyme dafür.
Ist dieser Ansatz es wert, dass Sie einmal darüber nachdenken wollen? Oder sich darüber austauschen? Dann kontaktieren Sie mich. Ich freue mich immer über eine inspirierende Diskussion über die spannende Frage, wie Arbeit morgen oder übermorgen aussehen könnte.
Mit bestem Dank an Gerhard Wohland, Niels Pfläging und André Häusling, deren Veröffentlichungen mich zu diesem Blog inspiriert haben.

Beliebte Artikel
Was Teams wirklich erfolgreich macht
16. Mai 2023
Unternehemensfalle Mikromanagement
09. Mai 2023
Gute Unternehmenskultur fällt keinem in den Schoß
02. Mai 2023
Kontaktdaten
+49 (02443) 9048 192
Telefonnummer
info@growthriver.de
email
Social Media Präsenz